Freie Fahrt für das Ticino Ticket
Wer schon mal im Tessin übernachtet hat, kennt die Vorzüge der Gästekarte «Ticino Ticket». Sie ermöglicht freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Weniger bekannt ist vielleicht, dass die Entschädigungsvereinbarung zwischen dem Kanton als Besteller des öV, dem Tarifverbund Arcobaleno und dem Tessiner Tourismusverband Agenzia turistica ticinese von Zeit zu Zeit neu ausgehandelt wird. Rapp hat mit einer Studie die Datengrundlagen für die neue Vereinbarung erarbeitet.
Lang lebe das Ticino Ticket! Für den Kanton im Süden der Schweiz ist die Gästekarte eine Erfolgsgeschichte. Im Jahre 2017 eingeführt, sind in über sieben Jahren gemäss Aussagen des Präsidenten der Agenzia turistica ticinese (ATT) Simone Patelli im Corriere del Ticino fast 4 Millionen Gästekarten ausgestellt worden. Davon im Jahr 2023 über 600'000. Das Ticket, mit dem Feriengäste die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos nutzen können, wenn sie im Kanton übernachten, hat sich als wichtiges Instrument zur Förderung eines nachhaltigeren, leichter zugänglichen und integrierten Tourismus erwiesen.
Für die Nutzung des öffentlichen Verkehrs erhalten die beteiligten Transportunternehmen (TU) des Arcobaleno eine Entschädigung seitens der Tourismusverbandes Agenzia turistica ticinese (ATT). Für 2025 stehen Neuverhandlungen zwischen dem Kanton (als Besteller des öV), dem Tarifverbund Arcobaleno und der ATT an. Die Mobilitätsspezialist:innen von Rapp beteiligten sich mit einer Studie und überprüften in dieser die Entschädigung (in CHF) pro Logiernacht (LN) für die Nutzung des Ticino Tickets. Dazu musste der tarifarische Gegenwert der Nutzung ermittelt werden. Mit in der Arbeitsgruppe neben der Rapp: Vertreter des Kantons (Sezione mobilità), der ATT, Tarifverbund Arcobaleno. Für die statistischen Fragestellungen im Projekt zog man einen externen Statistiker dazu.
Zu Beginn wurde nach dem Ansatz gesucht, der die bestmöglichen Grundlagen für die Studie liefert. Die Arbeitsgruppe entschied sich für eine Befragung in den Fahrzeugen. Das erarbeitete Erhebungskonzept sah einen Stichprobenumfang von 700 Kursen (ohne SBB) zwischen September 2022 und August 2023 vor, die wiederum in Schichten unterteilt wurden. Für die Befragungen in den Fahrzeugen wurden Fragen und Fragebögen ausgearbeitet, mit denen die Ticino Ticket-Kundinnen und -Kunden am Tag der Erhebung nach Ein- und Ausstieg in den öV, Alter sowie Besitz anderer Abonnemente (GA/Halbtax/Arcobaleno) befragt wurden.
Bei der Erhebung in den Fahrzeugen wurden 1’920 Fahrgäste mit Ticino Ticket durch das Personal der Transportunternehmen erfasst. Deren Daten wurden mit einem Auswertungs- und Routingmodell aufbereitet, um den erfassten Reisen und Fahrten mit Ticino Ticket eine Anzahl Zonen Einzelbillette (Zonenplan 2023) sowie einen Tarif Arcobaleno (Vollpreis/ermässigt) zuzuordnen. Als zweite Grundlage wurden die Daten der regelmässigen Befragungen der SBB mit den Angaben zum Ticino Ticket für den gleichen Erhebungszeitraum verwendet. Insgesamt wurden bei der SBB 8'593 Reisende mit einem Ticino Ticket erhoben. Diese Daten waren für die Ermittlung des tarifarischen Gegenwerts (Preis) relevant.
Mit Hilfe des hinzugezogenen Statistikers entwickelten die Mobilitätspezialist:innen von Rapp ein Hochrechnungsmodell, um den aus den Erhebungen ermittelten tarifarischen Gegenwert auf einen Jahreswert hochzurechnen. Dies unter Berücksichtigung der Einsteiger pro Schicht von September 2022 bis August 2023 (Frequenzdaten eines ganzen Jahres). Für die nicht erhobene Nebensaison wurde der noch fehlende tarifarische Gegenwert auf Basis von Annahmen und dem Wert aus den Ganzjahresdaten der SBB für die Nebensaison geschätzt.
Der Entschädigungsfaktor ergibt sich aus der Division des tarifarischen Gegenwerts durch die Anzahl Logiernächte (LN) im Erhebungszeitraum, auch wenn sich die beteiligten Parteien bewusst sind, dass tarifarische Gegenwert für das Ticino Ticket einer Schwankungsunsicherheit unterliegt. Der ermittelte Entschädigungsfaktor pro LN weicht vom bisher angewandten Wert ab. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse wurden jedoch bereits erste Gespräche über die Weiterführung des Ticino Tickets und dessen Finanzierung aufgenommen.
Inzwischen hat der Kanton beschlossen, das Angebot bis 2030 weiterzuführen. Lang lebe das Ticino Ticket. In diesem Sinne hat auch Rapp mit seinen Berechnungsmodellen dazu beigetragen.