«Loslassen gehört zum (Arbeits-)Leben»
Mit dem Campus erneuert und erweitert die Versicherungsgesellschaft Helvetia ihren Schweizer Hauptsitz in Basel. Neben modernen Büroräumlichkeiten entstehen auch Begegnungsräume für die Bevölkerung. Gestaltet wurde die Erweiterung nach den Plänen von Herzog & de Meuron. Mit dabei die Rapp AG mit einem Generalplanungsmandat.
Thomas Stegmaier schmunzelt, als er gefragt wird, ob er gut loslassen könne. Er ahnt, was gemeint ist. «Das Mandat eines Generalplaners beginnt im Idealfall, wie auch beim Helvetia Campus, in einer frühen Planungsphase und endet mit der Übergabe des Projekts an die Bauherrschaft», antwortet der Architekt und Mitglied der Bereichsleitung Architektur der Rapp AG. Doch der Abschied ist nicht immer so banal, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, denn je nach Grösse und Umfang des Projekts können dazwischen Jahre vergehen. «Beim Helvetia Campus sind es 10 Jahre», präzisiert er. Projekte dieser Grösse und Dauer brauchen einen langen Atem und Durchhaltevermögen, denn externe Einflüsse wirken oft unerwartet in den Bauablauf ein wie zuletzt die Pandemie, die Energiekrise oder auch der wahrnehmbare gesellschaftliche Wandel.
Neue bauliche Identität
Mit der Erweiterung zu einem Campus, der nach den Plänen von Herzog & de Meuron gestaltet wurde, erneuert die Versicherungsgesellschaft ihren Hauptsitz in Basel. Im Endausbau entstehen modernste Büros mit insgesamt rund 1500 Arbeitsplätzen. Von Anfang an mit dabei die Architekten der Rapp AG mit einem Generalplanungsmandat. Das Erkennungszeichen und auffälligstes Merkmal des neuen Campus ist der Bau des elfgeschossigen Bürogebäudes. Es ergänzt als Zwilling das bestehende Gebäude aus den fünfziger Jahren von Suter+Suter, das umfassend saniert wurde. «Herzog & de Meuron ist es gelungen, auf wenig Platz viel herauszuholen und der Versicherungsgesellschaft eine neue bauliche Identität zu geben», lobt Stegmaier die verdichtete Architektur. Das neue Hochhaus sei sozusagen eine moderne Neuinterpretation seines älteren Nachbarn. Ein Auditorium in einem Zwischenbau verbindet die beiden Gebäude und dient als neuer Haupteingang zum Campus-Gelände.
Breites Leistungsspektrum im eigenen Haus
Thomas Stegmaier ist erfreut darüber, dass am 19. Januar 2024 die erste Bauetappe erfolgreich abgeschlossen wurde und das Projekt offiziell an die Helvetia übergeben werden konnte. Für ihn und sein Team bedeutet dies jedoch ein schrittweises Loslassen. In doppelter Hinsicht. Zum einen sind die Arbeiten rund um den Campus trotz der Übergabe noch nicht ganz abgeschlossen. «Es gibt noch Punkte und Themen, bei denen wir involviert sind», erklärt Thomas Stegmaier. Zum Zeitpunkt der Übergabe waren beispielsweise die Dachgeschosse mit der Cafeteria oder die Aussenanlagen noch nicht fertiggestellt. «Die Aufgaben als Generalplaner können nur mit einem engagierten Team erfolgreich bewältigt werden.» Das Zusammenspiel der verschiedenen Fachbereiche und Aufgaben bedingen eine hohe Kommunikationsfähigkeit sowohl in fachlicher Hinsicht wie auch auf persönlicher Ebene. Als Gesamtprojektleiter bei der Rapp AG leitete Thomas Stegmaier ein Team von Bauleiter:innen, Fachplanern und Architekt:innen, das beim Helvetia Campus zu Spitzenzeiten bis zu zehn Mitarbeitende umfasste. Zählt er noch die externen Fachplaner:innen dazu, erweitert es sich nochmals um rund 12 Personen. «Das breite Leistungsspektrum der Rapp ist für mich ein Vorteil», betont er. Für Expertisen zu Brandschutz, Statik oder Bauphysik könne er schnell auf das Fachwissen im eigenen Haus zurückgreifen. «Auch wenn es um Mobilität oder Verkehrsplanung geht, sind die Wege kurz.»
Unsere Aufgabe als Architekten und Generalplaner ist es, sinnvolle, nachhaltige Projekte termin- und kostengerecht abzuwickeln.
Bauen funktioniert nur miteinander
Was so einfach klingt, ist in Wirklichkeit eine logistische Meisterleistung, bei der zahlreiche Schnittstellen und Planungsprozesse koordiniert werden müssen. «Der Vorteil liegt für den Bauherrn darin, dass er nur einen Vertragspartner für alle Planungs- und Realisierungsaufgaben hat.» Der Generalplaner kümmert sich um die Details in der Ausführung. Doch bei aller Komplexität steht und fällt der Erfolg eines Projekts mit den Menschen. «Da helfen weder klangvolle Firmenname noch ein Etikett.» Manchmal fühle er sich wie der Trainer einer Fussballmannschaft, der nicht nur für Motivation und Zusammenhalt im Team zu sorgen hat, sondern auch die Wünsche von Bauherren und Architekten berücksichtigen muss. Bauen sei ein People-Business. Das Gespräch und das Vertrauen spielen eine entscheidende Rolle. Davon ist Thomas Stegmaier überzeugt. Damit alle an einem Strang ziehen, braucht es nicht nur fachliches Know-how, sondern auch viel Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein. «Bauen funktioniert nur miteinander, nie gegeneinander», lautet sein Credo. «Wenn die Situation hektisch wird, ist es ratsam, erst einmal durchzuatmen und genau zuzuhören.» Damit sei er in seinen Berufsjahren immer gut gefahren.
Fernab vom Scheinwerferlicht
Für Thomas Stegmaier war es das letzte Projekt für seinen Arbeitgeber Rapp. «Gebäude an die Bauherrschaft zu übergeben, sind immer emotionale Momente, geprägt von Stolz und auch Wehmut.» Seit April 2024 widmet er sich neuen Aufgaben. Er freut sich auf die Zäsur, die bevorstehenden Monate auf dem Fahrrad quer durch Europa und die Zeit über vieles nachzudenken, nicht zuletzt über die Frage, wie die Zusammenarbeit bei Bauprojekten verbessert werden kann. «Der Beruf des Architekten wird oft zu einseitig dargestellt und zunehmend auf die Position des Künstlers und Gestalters reduziert.» Dabei geht es gar nicht immer um die grossen Würfe. «Unsere Aufgabe als Architekten und Generalplaner ist es, sinnvolle, nachhaltige Projekte termin- und kostengerecht abzuwickeln», betont Thomas Stegmaier.
27'650
m2 Geschossfläche
115'000
m3 Gebäudevolumen
ca. 1'500
Arbeitsplätze