Selbst ist die Fabrik
Automatisiert, flexibel und dezentral wird die Produktion von morgen sein – so sieht es die Vision «Industrie 4.0» vor. Die Transformation zur vollständig vernetzten, intelligenten Produktion hat bereits begonnen.
2011 war Industrie 4.0 lediglich ein Zukunftsbild der deutschen Bundesregierung, um die inländische industrielle Produktion durch eine nachhaltige Strategie bis 2025 zu sichern und auszubauen. Heute ist das Schlagwort in aller Munde und das Konzept der Automatisierung und umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion scheint in der Realität anzukommen. Auch in der Schweiz gewinnt das Konzept immer mehr an Bedeutung. Ziel von Industrie 4.0 ist die intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen, Objekten und Informations-/Kommunikationstechnik. Was heisst das konkret?
Die smarte Fabrik steuert sich selbst
Die Fabrik von morgen besteht aus verschiedenen unabhängigen Produktionsmodulen, manuellen Arbeitsplätzen und einer Vielzahl von Informationssystemen. Das intelligente Produkt kennt seine Auftrags-, Material- und Produktionsdaten und beeinflusst damit seine Herstellung. Die kommunizierende Maschine ist eine CPS-Komponente (Cyber-Physical System), die mit dem intelligenten Produkt interagiert. Und der menschliche Bediener wird vom Produkt darüber informiert, wie die Montage zu erfolgen hat.
Bereit für die «Smart Factory»?
Unternehmen, die sich technisch und organisatorisch auf eine smarte Fabrikation einstellen wollen, müssen ihre Systemlandschaft radikal verändern. Das betrifft sowohl die eingesetzte Standard-Software als auch die Art und Weise, wie mit Informationen umgegangen wird. IT-Systeme in der heutigen Produktion wie beispielsweise ERP (Enterprise-Resource-Planning) für Produktionsplanung, PLM (Product Lifecycle Management) für Produktverwaltung und SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) für Produktionssteuerung sind auf eine zentrale Produktionssteuerung ausgelegt, die sich an Stückzahlen orientiert. Eine auftragsorientierte und dezentral gesteuerte Produktion bringt hier eine radikale Veränderung samt neuem Funktionsumfang. Wertschöpfungsketten innerhalb und über Firmengrenzen hinweg verlangen einen schnellen und abgesicherten Austausch grosser Datenmengen.
Kapazitätsflexibilität bedeutet auch, dass die Mitarbeitenden vernetzt und flexibel arbeiten können, was Anpassungen bei der Organisationsstruktur nötig macht. Gefragt sind dezentrale und relativ autonome Einheiten, die untereinander gut vernetzt sind. Um schneller agieren und reagieren zu können, ist eine enge und direkte Zusammenarbeit zwischen Management und Mitarbeitenden erforderlich. All dies gilt es mit organisatorischen und technischen Hilfsmitteln zu unterstützen.
Die Zukunft der Produktion beginnt jetzt
Die beschriebenen Umwälzungen bergen mehr Chancen als Risiken. Unternehmen sind dank der Flexibilisierung der Produktion in der Lage, Kundenbedürfnisse schneller zu befriedigen, indem vielfältige Produktvarianten zu geringen Kosten hergestellt werden können. Auf Marktentwicklungen und unvorhergesehene Ereignisse können Unternehmen flexibel reagieren. Vernetzte Systeme stellen sodann vollständige Transparenz über den Zustand der Maschinen her, was Wartung und Reparatur wesentlich vereinfacht. Die flexible Prozessvernetzung, ermöglicht es auch, dass Mitarbeitende Familie und Beruf besser vereinbaren können, ohne zusätzliche Kosten für das Unternehmen. Denn sie können jederzeit von überall auf die Prozess- und Zustandsdaten per Tablett oder Smartphone zugreifen.
Bei der Analyse der Chancen gilt nicht mehr das Credo «die Grossen fressen die Kleinen» sondern «die Schnellen die Langsamen». Denn derzeit beschäftigen Unternehmen nicht nur Rohstoffknappheit, steigende Energiepreise oder zunehmendes Durchschnittsalter der Beschäftigten. Herausforderungen stellen sich auch durch die starke Konkurrenz in Asien und zunehmend auch in Südamerika. Weil vieles im Fluss ist, lässt sich schwer abschätzen, ob etablierte Industriefirmen oder junge Start-ups das Rennen machen. In der Schweiz herrschen grundsätzlich gute Voraussetzungen, um das vielversprechende Potenzial von Industrie 4.0 auszuschöpfen. Gemäss einer Studie (Schweizer Industrie 4.0 Index 2016, Staufen Inova AG) befassten sich 2016 denn auch 9 von 10 Industrieunternehmen mit dem Thema. Eine intensive Beschäftigung mit der Lean-Philosophie verschafft den Unternehmen einen guten Ausgangspunkt für den digitalen Wandel und zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
Rapp begleitet diverse Firmen seit Jahren bei der Verknüpfung ihrer vertikalen Unternehmensebenen.
Es zeigt sich, dass die Prozesse transparent geworden sind. Der Datenfluss über das Lagerverwaltungssystem ins ERP System ermöglicht umfangreiche Datenanalysen, wodurch Prozesse verschlankt werden können. Zudem beschränkt sich der Informationsfluss nicht nur auf die Lager, sondern fängt bei der Beschaffung an und endet erst beim Kunden.