Auf Mission für eine Vision
Lionel Kumbartzki ist studierter Bauingenieur und seit knapp zwei Jahren bei der Rapp AG als Projektingenieur im Bereich Wasser und Abwasser in der Ver- und Entsorgung tätig. Sein Herz schlägt auch für ein Projekt, das er zusammen mit Jameson Mulenga in Sambia vorantreibt.
«Aller Anfang ist Begegnung» – und oft spielt der Zufall dabei eine entscheidende Rolle. Aus solchen Begegnungen können Freundschaften fürs Leben entstehen, und manchmal sogar noch mehr. So erging es Lionel Kumbartzki von der Rapp AG. «2018 reiste ich mit Operation Mobilisation nach Ndola, einer Kleinstadt in Sambia, und traf dort Jameson Mulenga», erzählt der 25-jährige Bauingenieur. Operation Mobilisation (OM) ist eine internationale christliche Hilfsorganisation mit evangelikalem Hintergrund. «Jameson war Teil des lokalen Teams, das unsere Reisegruppe betreute.» Zunächst ging es in den Gesprächen um Gott und die Welt, «doch ich merkte bald, dass sich vieles in seiner Vision um die Verbesserung der Landwirtschaft sowie der Zukunftschancen seiner Mitmenschen drehte.»
Weg von der Abhängigkeit
Oder «Farming Gods Way» wie der 30-jährige Sambier sein Projekt nennt. «Ich spürte seinen unbändigen Willen, in seinem Land etwas verändern zu wollen.» Der Landwirt will weg vom sterilen Saatgut, das zwar hohe Erträge verspricht, die Kleinbauern in Sambia aber von den grossen Konzernen abhängig macht, die den Markt kontrollieren. «Die Pflanzen sind steril», ergänzt Lionel Kumbartzki, und das bedeute, dass die Bauern jedes Jahr neues und vor allem teures Saatgut kaufen müssen. «Das können sie sich irgendwann nicht mehr leisten.» Und Jameson Mulenga will weg von den synthetischen Düngern, die die Böden austrocknen und versauern lassen. Es sei ein ewiger Teufelskreis, sagt der Bauingenieur. «Ist der Boden erst einmal unfruchtbar, wird neues Land gerodet, um auf neuen Flächen Mais, Maniok, Wolle, Soja, Zuckerrohr, Tabak, Gemüse oder tropische Früchte anzubauen.» Das verschärfe die Klimakrise unnötig, und nütze allen anderen, nur nicht der lokalen Bevölkerung.
Land gekauft
Ernährungssicherheit, Existenzsicherung und Wiederaufforstung - das ist die Vision von Jameson Mulenga und jahrelang hat er in seinem Hinterhof mit alternativen Anbaumethoden und einer Baumzucht mit Mais, Zitronen- und Orangenbäumen, Avocados oder Papaya experimentiert. «Diese Idee hat mich begeistert», sagt Lionel Kumbartzki und fügt hinzu, dass ihm das Projekt mittlerweile ans Herz gewachsen sei. Deshalb nahm er sich im Januar 2024 eine Auszeit von seiner Arbeit bei der Rapp AG und plante einen fünfwöchigen Aufenthalt in Sambia. Ziel war es die nächsten Schritte zur Verwirklichung der Vision konkret zu planen und umzusetzen. «Wir haben in dieser Zeit ein kleines Stück Land am Stadtrand von Ndola gekauft», sagt Lionel. Ein weiterer Schritt zur Verwirklichung der Vision «Farming Gods Way».
Lionel Kumbartzki (25) ist Projektingenieur Wasser und Abwasser bei der Rapp AG. Seit rund zwei Jahren ist er im Bereich Infrastruktur tätig und bearbeitet unter anderem Projekte in den Bereichen Siedlungsentwässerung und Abwasser sowie Ver- und Entsorgung. Sein Bauingenieurstudium absolvierte er an der trinationalen Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Muttenz, Strasbourg und Karlsruhe. Lionel Kumbartzki ist Doppelbürger (CH/D) und im elsässischen St. Louis (F) nahe der Grenze zu Basel aufgewachsen. In seiner Freizeit reist er gerne, spielt verschiedene Instrumente und widmet sich seinem christlichen Glauben. Er ist in verschiedenen Gemeinden aktiv. Der Glaube und die Vermittlung christlicher Werte geben ihm Halt und einen Kompass im Leben, nach dem er sich ausrichtet.
Mehr Informationen auf der Website: TheMulengaFarm
Neue Dimensionen
«Es gab auf dem neuen 30 mal 30 Meter grossen Land einiges zu tun und zu planen und ich wollte unbedingt mit anpacken. Schliesslich habe ich nicht umsonst Bauingenieurwesen studiert.» Die Fläche wurde begradigt, eingezäunt, die Leitungen für den Wasseranschluss der zwei geplanten Gebäude gelegt und der Brunnen gegraben. Im Laufe des Jahres 2024 entstehen auf dem Gelände ein Verkaufsladen, ein Schulungsgebäude, ein Gewächshaus und Geräteschuppen. «Die Pläne dazu erstellte ich gemeinsam vor Ort mit Jameson, der Feinschliff erledigte ich dann in der Schweiz.» Damit wolle man das Projekt auf eigene Beine stellen, betont Lionel Kumbartzki. Jameson Mulenga wird in der Verkaufsstelle seine Produkte anbieten, und im Schulungsgebäude sollen Menschen in nachhaltiger Landwirtschaft geschult werden. «Mit dem Erlös aus dem Verkauf von Gemüse, Hühnern und anderem streben wir den nächsten grossen Schritt an: den Kauf eines etwa 7 Hektar grossen Ackerlands.
Breite Unterstützung
Unterstützung fand Lionel Kumbartzki auch bei seinen Arbeitskolleg:innen und in seinem Umfeld. Als er sein Vorhaben ankündigte, sammelten sie rund 3000 Franken. «Das war eigentlich nicht geplant», sagt Kumbartzki fast entschuldigend. «Rund 35 Prozent des Geldes haben wir im Januar ausgegeben», betont Lionel Kumbartzki und fügt hinzu, dass es nicht ganz für die beiden Gebäude reichen wird. Weitere 10’000 Franken brauche es in den nächsten zwei Jahren, um die Infrastrukturen fertig zu bauen. Deshalb, so Kumbartzki, hat er nach seiner Rückkehr den Verein «TheMulengaFarm» gegründet. Dieser soll das finanzielle Rückgrat für das Projekt bilden, bis es in den nächsten 15 Jahren selbstragend sein wird. Dazu gehören die Verwaltung, die Buchhaltung sowie das Marketing und Fundraising.
Aller Anfang ist Begegnung
Unter Druck stehen die beiden Freunde nicht. Schnelle Erfolge sind ohnehin nicht Kumbartzkis Ding. Er glaubt an die Langsamkeit. «Unser Planungshorizont sind die nächsten 20 Jahre.» Man wolle die Entwicklung langsam und organisch vorantreiben. «Es ist einfach fantastisch, was wir hier gemeinsam auf die Beine stellen.» Mit leuchtenden Augen betont der 25-Jährige immer wieder, dass er sich in Ndola inzwischen sehr zu Hause fühlt. Inzwischen habe er eine zweite Familie, und wenn es ihm in der Schweiz zu laut werde, wisse er, wohin es ihn ziehe. Aller Anfang ist Begegnung. Hätten sie sich die beiden nicht kennengelernt, wäre vieles anders verlaufen. Das ist für Lionel Kumbartzki nicht so entscheidend – wichtig ist ihm, dass er mit seinem Engagement die Welt in seinem Umfeld ein bisschen gerechter macht.