Erdbebenertüchtigung beim Umbau
Alte Häuser lassen sich zu etwas Einmaligem umbauen.
Gerade ältere Häuser weisen etwas auf, was vielen kalten Neubauten fehlt: Charme. Mit diesem einfachen Wort wird beschrieben, was einer Liegenschaft Wärme, Eigenheit, Ausstrahlung und seine ganze Einmaligkeit verleiht. Diese bei einem Umbau zu bewahren ist nicht einfach.
Im Raum Basel befinden wir uns in einer der wenigen Erdbebenregionen der Schweiz. Basel liegt am Oberrheingraben, einem der aktivsten Erdbebengebiete im deutschsprachigen Raum und wird immer wieder von leichten und stärkeren Erdstössen erschüttert. Einer baufälligen Liegenschaft zu neuem Glanz zu verhelfen ist deshalb nicht nur mit Kosten, sondern auch mit zusätzlichen Vorschriften verbunden.
Im Internet finden sich dazu viele Informationen. Googelt man nach den Schlagworten «Umbau & Erdbeben» finden sich 239'000 Einträge. Grenzen wir die Suche auf die Schweiz ein, sind es immer noch 115'000. Darin die richtigen und wichtigen Informationen zu finden ist kein einfaches Unterfangen.
Erdbebeningenieurwesen, als Disziplin des Bauingenieurwesens, rüstet Ingenieure deshalb mit dem nötigen Wissen aus. Bei Sanierungen und Umbauten, beispielsweise mit freistehenden unterkellerten Bruchsteinmauern, sind kreative Lösungen und das Fachwissen von Ingenieuren und Ingenieurinnen zwingend notwendig.
Wie sicher ist das eigene Zuhause?
Ein nicht erdbebengerecht gebautes Haus kann bereits bei einem mittelstarken Erdbeben mit einer Magnitude von 5 - 6 auf der Richterskala einstürzen. Ein Erdbeben gefährdet somit unsere eigene Existenz - unser Leben - aber auch die finanziellen Mittel, die wir für den Um- oder Neubau in eine Liegenschaft investiert haben.
«Erdbeben lassen sich nicht vermeiden – aber die Schäden lassen sich mit einer erdbebengerechten Bauweise verringern.»
Im Raum Basel wird deshalb erdbebengerecht gebaut. Das Ziel: Menschen vor einstürzenden Bauwerken schützen, Schäden an Bauten begrenzen und Folgeschäden vermindern.
In der Schweiz gelten die Tragwerksnormen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins, die bezüglich Erdbeben 2003 grundlegend angepasst wurden. Die Norm SIA 261 mit den Erdbebeneinwirkungen sowie die Norm «SIA 269/8 Erhaltung von Tragwerken – Erdbeben» geben an, wie neue Gebäude erdbebengerecht gebaut, beziehungsweise wie bei bestehenden Bauten die Erdbebensicherheit erhöht werden kann.
Trotzdem ist bei über 90% der Gebäude in der Schweiz nicht bekannt, ob sie erdbebensicher sind.
Nachrüsten, aber wie?
Die empfohlenen Massnahmen der Spezialisten zielen auf eine höhere Festigkeit und, je nach Gebäude, auf eine erhöhte Flexibilität. Eine mögliche Ertüchtigungsmassnahme ist der Einbau von Wänden aus Stahlbeton, die das Gebäude gegen die horizontal wirkenden Erdbebenkräfte stärken.
Verformung ohne Einsturzgefahr
Um ein Haus flexibler zu machen, also das Verformungsvermögen zu verbessern, werden «Erdbebenlager» in Konstruktionen eingebaut. Damit können sich einzelne Hausteile bewegen, ohne dass das Gebäude zusammenfällt. In bestehenden Bauten ist diese Massnahme aber sehr schwierig zu realisieren. Einfacher gestaltet sich die Ertüchtigung von Wänden mit Verstärkungsbändern, typischerweise mit Kohlefaserlamellen.
Entscheidend ist, dass die baulichen Anpassungen an den statisch relevanten Stellen im Haus erfolgen. Deshalb gilt es auf jeden Fall einen Fachmann beizuziehen.
Wissenswert
Neubauten müssen grundsätzlich und ohne Einschränkungen erdbebensicher erstellt werden. Bestehende Gebäude müssen bei Eingriffen in die Tragstruktur auf Erdbebensicherheit untersucht werden (Erdbebenanalyse nach SIA 269/8). Bauliche Massnahmen sind bis zu einem minimalen Erfüllungsfaktor umzusetzen.
Im Zivilrecht (OR)
- … haftet der Eigentümer eines Gebäudes oder einer Anlage, wenn diese einen Schaden infolge fehlerhafter Herstellung oder mangelhaftem Unterhalt verursacht. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Eigentümer diesen Mangel gekannt hat oder nicht.
Im Strafrecht
- Die strafrechtliche Verantwortung kann nicht durch eine vertragliche Regelung (z.B. Nutzungsvereinbarung) beeinflusst werden. Daher ist bei einer fehlenden oder fehlerhaften Erdbebensicherheit der Bauingenieur als Fachmann in jedem Fall mitverantwortlich.
- … können Schadensersatzansprüche Dritter nicht nur an den Eigentümer, sondern auch an den Bauingenieur resp. den Architekten gestellt werden.
Das Wichtigste zum erdbebensicheren Bauen – kurz und bündig
Informationsblätter der Stiftung für Baudynamik
Übrigens...
Hochhäuser bieten bei einem Erdbeben mehr Sicherheit, als kleine Häuschen.
Der Bericht in der Tagesschau vom 12.11.2018 - "Sichere Hochhäuser bei Erdbeben"
Die Erde bebt – gibt es sichere Hochhäuser? Der Bericht zeigt, das höchste Gebäude der Schweiz, der Roche-Turm in Basel, ist für ein Erdbeben besonders gut gewappnet.